Äußere
und innere Technik in der Malerei
Anneli Schwager: Die Komposition im Bild oder das menschliche
Maß. Werkbuch für Praktiker aus bildnerischer Sicht, Ars
momentum Kunstverlag, Witten 2012, 211 Seiten, 29,80 EUR.
Als Werkbuch
für Praktiker, als Nachschlagewerk und als
Beitrag zur Orientierungsfindung versteht Anneli Schwager ihr
Buch über Die Komposition im Bild oder das menschliche Maß.
Es ist aus ihrer praktischen Tätigkeit als Bildende
Künstlerin und Dozentin für Malerei entstanden und macht
den Leser mit zahlreichen bildnerischen Mitteln bekannt.
Hierzu gehören der Umgang mit dem Bildraum, mit Schwerpunkten, Symmetrie,
Größenverhältnissen, Horizonten, mit Wertigkeiten, Farben,
Strukturen, Rhythmus, Urformen, Symbolen und vielem mehr. Dabei ist es
ein Anliegen der Autorin, dem künstlerisch Schaffenden und Suchenden
zu mehr Freiheit zu verhelfen, indem sie in ihm ein Bewusstsein für
die Eigendynamik der
Gestaltungselemente weckt. Das bedeutet mitunter auch,
sich über konventionelle Darstellungsweisen hinwegzusetzen und neue
Ausdrucksformen zu erproben. "Freiheit
setzt die Kenntnis von Gesetzmäßigkeiten voraus", schreibt
Anneli Schwager. "Die bildnerische Gestaltung ist frei, wenn sie
sich im Wissen um die Bildgesetze vollzieht."
Zur Veranschaulichung der Bildgesetze dienen
der Autorin überwiegend eigene Zeichnungen und Fotos.
Außerdem streut sie hin und wieder Bemerkungen zum
kunstgeschichtlichen Wandel der Bildgestaltung ein,
beispielsweise die Bildaufteilung oder die perspektivische
Auffassung betreffend. Manchmal bezieht sie auch kunsttheoretische Schriften
von Paul Klee und anderen Künstlern mit ein. Neben der äußeren
Technik ist ihr zudem eine "innere Technik" wichtig. Diese besteht
für Anneli Schwager in einer Schulung des Feinempfindens sowie in
einer andächtigen Haltung gegenüber der Welt, die sowohl in
ihrer sinnlichen Qualität als auch in ihrer geistig-kosmischen Dimension
ernst genommen werden sollte. Ferner geht es
darum, so Schwager, "die innere Gestalt und eine in ihr
verborgene Gestik zu entdecken, die Poesie in einer
unscheinbaren Kurve, einen interessanten Abstand zweier Dinge zueinander
- kurz einen Sinn für die Sprache der Dinge
zu entwickeln, zu hören, was diese sichtbare Welt
mitzuteilen hat."
Die Kunst hat für Anneli Schwager nicht reproduzierenden, sondern
transformierenden Charakter, indem das Bildmaterial- Farbe und Form -
durchlässig wird für eine "Idee" und damit für
Geistiges.
|
Äußere
und innere Technik sind im Gestaltungsprozess meist nicht voneinander
zu trennen. Das besagt schon der Titel des Buches: Die Komposition
im Bild oder das menschliche Maß.
Inwiefern hängt die Bildkomposition mit dem "menschlichen Maß"
zusammen? Die Antwort lautet: In der Außenwelt finde ich dieselben
Gesetzmäßigkeiten wieder, die in meiner Leiblichkeit wirken.
Schwager spricht deshalb von einer
"innerkörperlichen Kompetenz", welche zum Beispiel auf
den
eigenen Bewegungserfahrungen im Raum beruht. Diese
befähigen mich, im inneren "Abtasten" von Gegenständen
oder Räumen Einsichten zu gewinnen, die das distanziert verstandesmäßige
"exakte" Konstruieren von Räumlichkeit
nicht bieten kann. Die Erfahrungen von konvex und konkav, von eng und
weit, von schwer und leicht etc., die ich beim
visuellen Abtasten machen kann, führen als seelische Qualitäten
in Erlebnisbereiche hinein, über die sich mir ein
innerer, ein geistiger Gehalt erschließt. Insofern arbeitet
die menschliche Natur beim künstlerischen Gestalten mit,
ganz gleich, ob gegenständlich oder ungegenständlich gemalt
wird und wie viele räumliche Dimensionen bildnerisch erzeugt
werden sollen.
Im Grunde ist
diese Publikation auch ein Porträt von
Schwagers Malerei und ihrem künstlerischen Ansatz. Einige
ihrer Gemälde sind im Anhang abgebildet - mit den
entsprechenden kompositorischen Erläuterungen. Ihre Künstler-
Vita wird von David Hornemann v. Laer zusammengefasst, und
ein paar Aufzeichnungen aus ihrem Ateliertagebuch erzählen
von ihrem ständigen und notwendigen Ringen um Authentizität.
Das bringt uns die Autorin auch menschlich näher, und es
zeigt vor allem, dass echte Kunst trotz der erforderlichen
Freiheit nicht beliebig ist.
Bei allem ideellen
Anspruch macht das Buch von
Anneli Schwager wirklich Mut und Lust zum Arbeiten.
Hilfreich und wertvoll ist es aber auch für diejenigen, die in der
Kunstbetrachtung einen Zugang zur zeitgenössischen Malerei
suchen. Denn gerade die moderne Kunst, die sich immer
weniger an traditionellen Werten und Sehgewohnheiten
orientiert, verlangt den engagierten Betrachter, der die
Kunstwerke nicht nur passiv konsumieren will, sondern bereit
ist, sich auf das Wechselspiel zwischen Bild und Mensch tatsächlich
einzulassen.
Claudia Törpel
|
Die
Komposition im Bild oder das menschliche Maß
Endlich eine Anleitung, die den Spaß und die Liebe zum Malen in
uns weckt. Dieses Buch ist spannend wie ein Krimi, aber auch zärtlich
wie ein Liebesroman. Man erfährt die fachliche Kompetenz der Verfasserin,
Anneli Schwager, ihre Liebe zur Malerei und die Freude daran, ihren
reichhaltigen Wissensschatz an uns weiterzugeben. Alle Beispiele zu
den verschiedenen Themen sind leicht verständlich dargestellt.
Sehr beeindruckt haben mich auch die Auszüge aus ihrem Tagebuch,
denn sie geben viel von der Persönlichkeit der Malerin preis. Und
Dank auch für die dargestellten Bilder am Schluss des Buches.
Dieses Werk ist eine Bereicherung für Kenner, Könner und alle,
die mit der Malerei beginnen möchten. Dieses Buch macht Mut.
Danke
Anneli Schwager!
Eva Breu, 25. März 2012
|
Liebe Frau Schwager,
von meinen vielen Büchern ist mir Ihr "Komposition im Bild"
eines der liebsten: Anregend, bewegend, tiefgründig und immer mit
menschlichem Mass, original in seiner Didaktik, originell im Konzept.
Im Teil "Tagebuch" einige Einblicke in Ihr Denken, aber diskret
genug. Ich nutze "Komposition" als Werkbuch, wenn auch unsystematisch.
Als Lehrer staune ich vor allem, wie Sie die grosse Stofffülle gemeistert
haben, ohne in einen seltsam bekannten Lexikonstil zu verfallen. Diese
Leistung finde ich sehr bemerkenswert - also Grund genug, Ihnen dafür
zu danken.
Liebe Grüße
aus der Schweiz
Josef Brogli, 10.
Dezember 2013
|