HOME

Impressum

 Vom Leben

Zur Malerei

Über die Künstlerin

Aus der Unterrichtspraxis

Seminare Sylt

Galerie

 


Freitag, 7. Februar, bis Samstag, 10. Mai 2014


"12 Monaden = Ein kosmischer Zyklus"

Bilderausstellung zum 100-jährigen Jubiläum der Vortragsreihe
von Rudolf Steiner "Der menschliche und der kosmische Gedanke",
20.-23. Januar 1914 in Berlin
Von Anneli Schwager, Berlin

 


 


 

 



Gut zwölf Wochen lang beherbergt das Rudolf-Steiner-Haus Hannover einen zwölfteiligen Bilderzyklus, dessen einzelne großformatige Bilder sich als Türen zum Kosmos verstehen; Türen, durch die der Betrachter aus der Enge des in Einseitigkeiten zersplitterten Raumes eintreten kann in die umfassende Weite einer höheren Welt. Das Bild der Tür begegnet uns auch in Rudolf Steiners "Mein Lebensgang", wenn er sich erinnert an das Durchschreiten von Türen (in seinem Fall allerdings von der anderen Seite her), das sein Eintritt in den geselligen Verkehr der Weimarer Gesellschaft damals von ihm erforderte:

"Ich stand im lebhaftesten Verkehre; aber ich mußte in jedem einzelnen Falle aus meiner Welt wie durch eine Türe in diesen Verkehr eintreten. Das ließ mir die Sache so erscheinen, als ob ich jedesmal, wenn ich an die Außenwelt herantrat, einen Besuch machte. Das aber hinderte mich nicht, mich mit lebhaftestem Anteile dem hinzugeben, bei dem ich zu Besuch war; ich fühlte mich sogar ganz heimisch, während ich zu Besuch war. So war es mit Menschen, so war es mit Weltanschauungen. Ich ging gerne zu Suphan, ich ging gerne zu Hartleben. Suphan ging nie zu Hartleben; Hartleben ging nie zu Suphan. Keiner konnte in des anderen Denk- und Gefühlsrichtung eintreten. Ich war sogleich bei Suphan, sogleich bei Hartleben wiezu Hause. Aber weder Suphan noch Hartleben kamen eigentlich zu mir. Sie blieben auch, wenn sie zu mir kamen, bei sich. In meiner geistigen Welt konnte ich keine Besuche erleben."

Als eine Einladung zu einem Besuch in dieser geistigen Welt wiederum lässt sich dann der Vortragszyklus auffassen, in dem Rudolf Steiner gut zwei Jahrzehnte später auffordert zu einer neuen Erhebung des menschlichen Gedankens hin zum kosmischen Gedanken und damit zu einer Überwindung aller Einseitigkeiten zugunsten eines höheren Ganzen:

"Die Welt lässt sich nicht von dem einseitigen Standpunkte einer Weltanschauung, eines Gedankens aus betrachten, sondern die Welt enthüllt sich nur dem, der weiß, daß man um sie herumgehen muß. Genau ebenso, wie die Sonne, wenn wir die kopernikanische Weltanschauung zugrunde legen, durch die Tierkreiszeichen geht,
um von

 


 

 

zwölf verschiedenen Punkten aus die Erde zu beleuchten, ebenso muß man nicht auf einen Standpunkt….sich stellen, sondern man muß in der Lage sein, um die Welt herumgehen zu können und sich einleben zu können in die zwölf verschiedenen Standpunkte, von denen aus man die Welt betrachten kann. Denkerisch sind alle zwölf verschiedenen Standpunkte voll berechtigt. Nicht eine Weltanschauung gibt es für den Denker, der in die Natur des Denkens eindringen kann, sondern zwölf gleichberechtigte, insofern gleichberechtigte, als sich gleich gute Gründe vom Denken aus für jede vorbringen lassen."

1914 in Berlin ist dies gesprochen worden, und im Jahr 2014 knüpfen wir also ausgerechnet mit einer Bilderausstellung an diese Vortragsreihe an. Die Möglichkeit einer Auferstehung des Gedankens, der im Laufe der Philosophiegeschichte seine kosmische Lebendigkeit verloren hat und hineingestorben ist in das Geistig-Seelische des Menschen, leuchtet in ihr auf. Und wenn so der menschliche Gedanke aus den Bildwelten alten Hellsehens sich allererst herausisoliert hat zu Beginn der Philosophiegeschichte, - sollte da nicht gerade in den abstrakten Bildwelten eines malerischen Zyklus, dessen Künstlerin sich über Jahre hinweg mit Rudolf Steiners Zyklus beschäftigt hat und mit Mario Bettis durch diesen angeregten "Zwölf Wege, die Welt zu verstehen", sollte nicht in den abstrakten Bildern von Anneli Schwager, die sich in der Sprache von Rudolf Steiner von diesen zwölf Geistes-Tierkreisbildern hat bescheinen lassen, die Möglichkeit verborgen sein, Durchgangstore für den menschlichen Gedanken zu sein, der sich wieder hinaufhebt zu seinem kosmischen Ursprung? Diese Bilder (mit Ausnahme vielleicht des symbolistisch anmutenden Dezember-Bildes), die kaum Erinnerung hervorrufen an das, was man gesehen hat im Reich der Form, und die insofern sich jeder vorschnellen Namengebung verweigern, bieten die Chance, den Gedanken aus den Niederungen eines kraftlosen Nominalismus herauszuheben und wieder in Beziehung zu bringen mit dem Reich der Geister der Bewegung.

Die Künstlerin Anneli Schwager ist 1959 in Frankfurt geboren, hat viele Jahre ihrer Kindheit und Jugend in der Weite der Insel Sylt verleben können und ist dann nach einer dreijährigen Ausbildung in der Loheland-Gymnastik Meisterschülerin des Künstlers und Anthroposophen Beppe Assenza geworden. Heute lebt sie als frei schaffende Künstlerin in Lebens-und Werkgemeinschaft mit Hans Stein, ebenfalls Künstler, in Berlin. Beide sind auch Leiter von Malkursen in verschiedenen Zusammenhängen.

 



Anneli Schwagers Bilder des kosmischen Zyklus, die auf kraftvollen Farbkontrasten beruhen, zeigen eine sehr eigenwillige Formsprache. Wer zurzeit in den großen Saal des Rudolf- Steiner-Hauses eintritt und sich unvermutet den kraftvoll-expressiven Bildwelten gegenübersieht, kann zunächst wie erschlagen sein. Andererseits lässt sich der Herausforderung willig begegnen in der Bereitschaft, sich der rätselhaften Formensprache selbst als Lösung gegenüberzustellen. Dazu aber reicht kein schneller Blick: Ein langes suchendes Sich-Einschauen ist nötig. Wer mag, kann hierfür Hilfestellung empfangen aus den begrifflichen Ausführungen, die die Künstlerin den Bildern beigesellt hat. Wer ohne diese Hinweise auskommen will, macht sich allein auf den Weg.

Bei der Vernissage am 7. Februar in Anwesenheit der Künstlerin sammelten sich immer wieder Grüppchen von gemeinsam Betrachtenden vor den einzelnen Bildern, um sich in gegenseitigem Austausch suchend einzuleben in die herausfordernden Bildwelten. Dabei wurde erfahren, dass die Wahrnehmung des Blickes des anderen den eigenen Blick bereichern und verwandeln half. So lag es nahe, sich zu einer ersten gemeinsamen Bildbetrachtung mit dem Kunstlehrer der Oberstufe der FWS Hildesheim am Sonntag, den 2. März, 11.15 Uhr, zu verabreden, der hoffentlich weitere folgen werden.

Als Beiwerk zum großformatigen Zyklus gesellen sich in dieser Ausstellung in Fluren und Treppenaufgang zahlreiche kleinformatige Aquarelle, Gouachen und Graphiken, die ebenso wie Postkarten, Werkbroschüren und das großformatige Werkbuch der Künstlerin "Die Komposition im Bild", auf Nachfrage im Sekretariat erworben werden können.
Anneli Schwager wird in Zusammenarbeit mit Cordelia Böttcher, Priesterin der Christengemeinschaft, ein Werkbuch zu diesem Zyklus herausgeben, in das ggf. die Ergebnisse solcher Prozesse der Betrachtung mit aufgenommen werden sollen.Nicht zuletzt deswegen sei dieser besonderen Ausstellung eine Vielzahl von Besuchern gewünscht, die sich suchend in Form von Arbeitsgruppen auf den Weg machen wollen!

 

  Susanne Graewe